Der Lack ist ab.

Nachdem das Boulder komplett gestript ist, beginnt eine zeitaufwendige Prozedur: entlacken. Der Lack muss ab und zwar komplett. Abschleifen ist keine Option, da die dünnen Stahlrohre zuviel Material verlieren und gleichzeitig Riefen bekommen, welche die Rohre schwächen könnten.

Abbeizen ist das Mittel der Wahl. Das geschieht in zwei bis drei Auftragungen und zieht jedesmal ein langwieriges Abkratzen des Lackes nach sich. Auch wenn die Beize die Struktur des Lackes bricht und aufweicht ist es ein zähes Unterfangen. Die letzten Reste schabe ich mit dem Cutter vom Rohr.

Macht man diese Arbeit eine zeitlang, dann gleitet man in eine Art Meditation und das liegt nicht an den aufsteigenden Dämpfen. Man nennt das wohl Flow oder achtsam sein. Ganz im Hier und Jetzt ist es für mich doch Meditation. Ich kann nachdenken mich auf anstehende Probleme fokusieren und die Zeit löst sich auf.

Ohne Beize wird es nicht gehen. Der Lack ist hart und zäh zugleich. Schleifen ist wegen der dünnen Rohre keine Option also zwei bis drei Mal die Beizrunde drehen.

Aber auch das ist keine Zauberei sondern viel Arbeit. Die gebrochnen, aufgeweichten Lackschickten müssen vom Rohr gekratzt werden – das dauert.

Die Gedanken kreisen. Welches neue Kleid soll der Rahmen bekommen. Ich lasse mich von einigen Lackierungen im Netz inspirieren. Schließlich fällt die Wahl auf eine weise Basislackschicht und dann mit einem „Pinsel“ aus zusammengeknautschten Plastik verschiedene Farben wild durcheinander auftupfen. Das gefällt mir.

Markus

Rahmenbauer, Zweiradmechanikermeister, Fahrradfahrer und Fahrradverrückter Wirtschaftsinformatiker

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